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Die Parallelen vom Wandern zur Selbständigkeit

Ich habe große Fallangst. Besser bekannt als Höhenangst. Das bedeutet, dass ab ca. einem Meter über dem Boden oder wenn es neben mir steil bergab geht, meine Knie zittern wie Wackelpudding, mein Puls durch die Decke schießt und mein Gehirn förmlich schreit, ich solle SOFORT stehenbleiben.

Die Wanderung auf den knapp über 2100 m hohen Mottakopf im Brandner Tal genoss ich aus vollen Zügen. Duftende Blumenwiesen, am rauschenden Gletscherbach vorbei ging es durch die vielseitige Steigung immer weiter hoch. Der Genuss hörte auf, als es unterhalb des Gipfels ans Eingemachte ging. Auf einem schmalen Pfad, der vom Kletterkönnen her sehr gut zu meistern war, ging es jedoch mit einer steilen Kante zu meiner rechten Seite hoch. Krampfhaft konzentrierte ich mich auf jeden Schritt und den Hang vor mir, bzw. auf die linke Seite. An einem Punkt dachte ich, so, das war’s. Keinen Schritt weiter. In mir blockierte alles. Meine Angst war so groß, dass alles blockierte. Dann schaute ich hoch und sah das Gipfelkreuz weiter oben vor mir. Ich wollte unbedingt dahin. Jetzt zurück? Auf keinen Fall.

Dann besann ich mich auf eine ähnliche Situation zwei Jahre zuvor. Die sogar noch heftiger war und ich gemeistert hatte. Und so dachte ich mir, wenn ich das damals geschafft habe, schaffe ich das jetzt auch. Und weiter ging es. Ich kann nicht sagen, dass es einfach war. Doch die Konzentration auf meine Stärken und dass ich ähnliche Situationen bereits erfolgreich hinter mich gebracht hatte, gab mir Zuversicht und Vertrauen in mich selbst.

Und was war ich stolz, als ich auf dem Gipfel stand und diese wunderschöne und grandiose Bergwelt zur Belohnung vor mir sah.

Danach wurde mir bewusst, dass es in der Selbständigkeit oft auch so geht. Man steht vor Hürden oder erlebt Situationen, die einen beinahe lähmen. Man möchte oder kann vermeintlich nicht weiter. Wenn wir uns jedoch auf unsere Stärken konzentrieren und das Vertrauen in uns gewinnen, meistern wir diese Situationen. Vielleicht nicht mit links. Aber ich finde, mit rechts ist doch auch schon was. Und das Beste? Mit jedem Mal geht es besser und die Zuversicht wächst.

Habe ich schon erwähnt, dass ich wandern liebe? Es ist wie das Leben. Manchmal anstrengend, mal nimmt man den falschen Weg und muss wieder zurück. Aber die Belohnung wartet immer auf einen. Und es gibt so viele schöne Momente und Begegnungen auf dem Weg.